Das Leben in Peru

Peru
Peru ist ein besonders vielfältiges Land. Es erstreckt sich an der Ostküste Südamerikas über die Anden bis in den Regenwald. Auf einer Fläche, die viermal so groß wie Deutschland ist, leben insgesamt rund 30 Millionen Menschen. Ein Drittel wohnt allein in der Hauptstadt Lima. Die anderen zwei Drittel verteilen sich auf Trujillo im Norden, Arequipa im Süden und kleineren Dörfern im Dschungel oder im Gebirge. Ich durfte während meiner Zeit in Peru sowohl Arequipa in den Bergen als auch Lima an der Küste kennenlernen.

Unser erster Besuch im Kinderprogramm "Crecemos felizes" in Lima

Ankommen
Als ich in Peru ankam, war klar, dass vor mir viel Neues und zunächst Fremdes lag – eine neue Sprache, Kultur, Menschen, … Aber ich hatte mich bewusst für dieses Abenteuer entschieden und so begann in Lima die Reise. Gemeinsam mit den anderen zehn Volontären habe ich im ersten Monat gezielt Einheiten zum Land, Verhalten und der Sprache gehabt. Immer dabei waren die deutschen Bruderschaftssekretäre Anne-Sophie und Michael Köhler. Sie konnten uns auch bei den anfänglichen Verständigungsproblemen helfen. In Peru spricht man Spanisch, auch wenn dieses sich in der Aussprache, einigen Vokabeln und Grammatikregeln von dem in Europa gesprochenen Spanisch unterscheidet. In Lima haben wir in dem ersten Monat einen Crashkurs bekommen und später war ich nochmal für drei Wochen in Arequipa in der Sprachschule. Nach einem viertel Jahr konnten wir uns schon recht gut verständigen.
In Lima bemerkt man schnell die großen Gegensätze, von denen nicht nur die Hauptstadt, sondern auch das ganze Land, geprägt ist. Die Schere zwischen arm und reich geht immer weiter auseinander. Das konnte ich in Lima jeden Tag beobachten – im Bus, Supermarkt und auf der Straße.
Für mich war es außerdem wichtig, von Anfang an Anschluss zu einer Gemeinde in Peru zu finden. In Lima sind wir gemeinsam mit Köhlers in eine evangelische junge Gemeinde gegangen und auch in Arequipa haben wir schnell christliche Gemeinschaft gefunden. In Peru ist der Großteil der Menschen katholisch, was man auch im Alltag erleben kann. So bekreuzigt man sich z.B. wenn man an einer Kirche vorbeikommt und es gibt viele Feiertage zur Ehrung der Heiligen.
Ein weiteres Thema worauf wir sowohl in Deutschland als auch in Peru vorbereitet wurden, ist das Thema Sicherheit. Da in Südamerika die Sicherheitslage eine ganz andere als in Europa ist, muss man auch auf andere Dinge achten. So haben wir z.B. gelernt, wo man sein Handy besser nicht benutzen sollte und wie man mit seinen Wetsachen umgeht. Ein wichtiger Punkt in Peru und auch generell in einem fremden Land ist, immer auf den Rat der Einheimischen zu hören. Denn die meisten Sachen passieren, wenn man unvorsichtig und unaufmerksam wird oder sich spät an Orten aufhält, die auch Peruaner nicht empfehlen. Uns ist aber, Gott sei Dank, nichts passiert und wir konnten eine wirklich eine behütete Zeit in Peru erleben.

Vor dem Flughafen in Lima

Essen und Trinken
Besonders am Anfang haben wir uns durch die verschiedenen peruanischen Gerichte probiert. Es ist nämlich nicht ungewöhnlich, zum Mittagessen in ein Restaurant zu gehen. Dort bekommt man schon für 10 Sol (2-3 Euro) ein leckeres Essen mit Vorspeise, Dessert und Getränk. Einige typische Gerichte sind: Causa (kalter Kartoffelbrei gefüllt mit Hähnchen oder Thunfisch), Lomo saltado (Rindfleisch mit Tomaten, Zwiebeln und einer würzigen Soße) und Cerviche (roher Fisch mit Zitrone, Bohnen und Zwiebeln). Und natürlich sind die Speisen regional unterschiedlich. So kann man im Süden beispielsweise besonders gut Alpaka und Cuy (Meerschweinchen) essen. Als passendes Getränk kommt für die Peruaner nur Inkacola in Frage. Der süße Softdrink ist allgegenwärtig und durch seine quietschgelbe Farbe nicht zu übersehen. Und trotzdem ist es nicht das Nationalgetränk, sondern das ist der aus Traubenschnaps, Zucker, Limettensaft und Eiweiß bestehende Pisco Sour. Dieser wird im ganzen Land, ganz gleich wo, gern getrunken. Ein anderes typisches Erfrischungsgetränk ist Chica morada (auf der Basis von Lila-Mais, mit Ananas und Gewürzen verfeinert).

Mittagsmenü für ca. 2 Euro

Chifa - die peruanisch-chinesische Küche

Verkehr
Außerdem haben wir in Lima den Umgang mit dem peruanischen Verkehr gelernt. Theoretisch gibt es zwar Verkehrsregeln, Schilder und vorgeschriebene Fahrbahnen, allerdings hält sich in der Realität niemand daran. So kann es passieren, dass aus einer eigentlich dreispurigen Straße eine vierspurige wird oder, dass der Taxifahrer kurzer Hand rechts überholt. Die Stadt ist überfüllt und laut und das spiegelt sich auch auf den Straßen Limas wieder. Manchmal hat man das Gefühl, wer am lautesten hupt, hat Vorfahrt. Außerdem kann ein Auto in Peru noch so alt und kaputt sein – die Hupte funktioniert immer. Es ist auch keine Seltenheit zu siebt in einem Fünfsitzer zu fahren und Anschnallgurte gibt es in den meisten Fahrzeugen sowieso nicht. Es ist also jedes Mal ein Abenteuer am peruanischen Verkehr teilzunehmen – egal ob als Fußgänger, im Bus oder im Taxi. Die meiste Zeit verbringt man in Peru allerdings im Bus. Man stellt sich an die nächste Straßenecke, denn richtige Haltestellen gibt es nur selten, und winkt den Bus, mit dem man fahren will, heran. Beim Einsteigen sagt man, wo man aussteigen möchte und bezahlt dann für diese Strecke. Der Preis kann dabei zwischen 0,50 und 3 Sol variieren. Während der Fahrt ist eigentlich immer was los und es wird nur selten langweilig. Oft kommen Musiker oder Straßenverkäufer in den Bus, um dort ihr Geld zu verdienen. So hat uns schon das ein oder andere Lied und Bonbon die Fahrt versüßt.

An dieser Ecke bin ich in Lima immer umgstiegen.

Provinz
Nach sechs Wochen bin ich dann nach Arequipa umgezogen. Die Stadt liegt im Süden Perus auf 2300m, ist umgeben von drei imposanten Vulkanen und hat im Jahr 300 Tage Sonnenschein. Auch wenn Arequipa eine Million Einwohner hat, zählt sie in Peru als Provinz. Das Leben in der Provinz ist ruhiger und nicht ganz so hektisch wie in Lima. Trotzdem sind die Leute genauso offen und herzlich und ich dufte auch hier immer wieder ihre Hilfsbereitschaft erleben.
Die Stadt ist besonders bekannt für ihre spanische Architektur aus der Kolonialzeit. Dabei bestehen die meisten Gebäude in der Altstadt aus weißem vulkanischen Gestein. Am Plaza de Armas (Hauptplatz), den es übrigens in jeder Stadt gibt, befindet sich die wunderschöne Kathedrale mit zwei Glockentürmen. In der Mitte laden Bäume, Bänke und ein Brunnen zum Verweilen ein. Nur eine Ecke weiter warten unzähligen Cafés und Restaurants, die sowohl Touristen als auch Einheimische gern besuchen. 

Plaza de Armas in Arequipa

Menschen
Ich war in Arequipa aber nicht nur, um das gute Essen zu testen, sondern ich habe dort gelebt und gearbeitet. Der YMCA Arequipa ist ein Medizinisch-/Psychologisches Zentrum im Armenviertel Horacio. Dort habe ich vor allem mit den Kindern, Jugendlichen und Familien zusammengearbeitet. Besonders die Kinder sind mir mit der Zeit ans Herz gewachsen. Obwohl es nicht immer einfach war, sich alle Namen zu merken. Die Mädchen heißen z.B.: Maria, Dayra, Kelly, Fiorella, Kiara, Joselin, Shary, Jazmin, Angie, Valeria, Betina, Gloria. Einige Jungennamen sind z.B.: Diego, Christian, Gustavo, Jesus, Kevin, Arturo, Juan, Carlos, Leonel, Adrian, Nicolas, Sebastian.
Von den Familien habe ich meist nur die Mütter kennenlernt. Diese kamen z.B. zur Frühkindlichen Förderung oder zu Marita, der Ärztin oder Maria Isabel, der Psychologin. Das Familienmodell ist in Peru nach wie vor sehr traditionell, besonders in den ländlichen Regionen und den Armenvierteln. Meistens arbeiten nur die Väter und die Mütter kümmern sich um das Haus und die Kinder. Die Babys sind dabei immer auf dem Rücken der Mutter dabei. Allerdings nicht in einer ergonomischen Trage, sondern in meinem einfachen quadratischen Tuch.
Generell kann man sagen, dass die Peruaner in vielen Dingen ein Kontrast zum typischen Deutschen bilden. Alles wird deutlich entspannter gesehen. Man lebt nach der "hora peruana" (peruanische Uhr) und so kann ein Termin schon mal eine Stunde später als geplant erst richtig starten. Das geht Hand in Hand mit der, für uns Deutsche oft überfordernden, spontanen und nicht immer zuverlässigen Art der Peruaner. Fünf Minuten vorher ein Treffen verschieben? In Peru keine Seltenheit. Es steht viel mehr die Lebensfreude und der Moment im Mittelpunkt. Und aus diesem Gesichtspunkt können wir von den Menschen in Peru noch viel lernen. Mit ihrem offenen und freundlichen Wesen haben sie mir nämlich an manchen, vermeindlich so stressigen Tagen ein Lächeln ins Gesicht gezaubert.

Mutter im YMCA Arequipa

Kindergruppe im YMCA Arequipa

Kleidung
Auf der rund einstündigen Fahrt von der Innenstadt nach Horacio hatte ich immer viel Zeit, die Leute zu beobachten. Dabei ist mir aufgefallen: Je weiter man aus der Stadt raus fährt, desto traditioneller wird die Kleidung. In der Stadt tragen sowohl Frauen als auch Männer Jeans und T-Shirt. Oft sieht man aber auch Frauen in hohen Schuhen und schickem Kleid oder Blazer und Männer mit Krawatte und Anzug. Am Rande der Stadt, wo die Menschen einfacher und traditioneller leben, tragen die Frauen fast immer lange Röcke und die Männer Stoffhosen und Hemd. Aber eine Sache tragen alle, besonders in den Bergen – einen Hut zum Schutz vor der starken Sonne.
Die in der ganzen Welt bekannten Alpakapullover haben wir in Peru nicht nur kaufen können, sondern wir konnten uns ansehen, wie sie hergestellt werden – von den Alpakas, über das Färben der Wolle, bis hin zum Stricken.

Mit traditionellen Kleidern tanzen die Schüler am Morgen auf dem Marktplatz.

Alltag
Zum unserem alltäglichen Leben in unserer zweier Voli-WG in Arequipa gehört Einkaufen genauso dazu, wie Abwaschen und Putzen. Zum Einkaufen sind wir meistens auf den nur wenige Minuten entfernten Markt gegangen. Auf dem überdachten Gelände kann man sowohl Obst und Gemüse, als auch Reis und Quinoa, Fisch und Fleisch, Oliven und Käse kaufen. Neben den Lebensmitteln gibt es außerdem Stände mit Pflanzen oder auch mit kleinen Katzen und Hunden. Die Märkte sind wirklich groß und haben eine riesige Auswahl. Manchmal haben wir auf dem Markt auch noch einen Saft getrunken oder eine Empanada (gefüllte Teigtasche) gegessen.
Der Abwasch wird in Peru generell von Hand gemacht. Dafür macht man eine kleine Menge Spülmittel auf einen Schwamm und schäumt zuerst das ganze dreckige Geschirr ein. Danach wird alles mit Wasser abgespült und abgetrocknet. Der Müll wird in Peru nicht getrennt und es gibt auch keine Mülltonnen wie in Deutschland. Man bringt an bestimmten Tagen seinen Müll an die Straße und kurz darauf kommt das grüne Müllauto vorbei. An solchen Tagen hört man das Müllauto schon aus weiter Ferne, denn es spielt das Lied „Under the sea“ von Ariel. Wir haben schon beobachtet, wie die Melodie näher kam und die Leute nach und nach ihren Müll vor die Tür gestellt haben.
Dadurch, dass der Müll auf der Straße abgestellt wird, werden von den Essensresten Straßenhunde angelockt, die im Müll etwas Essbares suchen. Hunde gibt es in Peru aber nicht nur auf der Straße, sondern auch in fast jeder Familie. Die Hunde wohnen dann nur selten wie in Deutschland mit in der Wohnung, sondern oft einfach auf der Dachterrasse, im Innenhof oder der Garage.

Auf unserer Dachterasse in Arequipa wohnt die Hündin Lulu.

Mercado San Camilo

Wohnen
So eine Dachterrasse hat in Peru eigentlich jedes Haus, da die Dächer für gewöhnlich flach und nicht spitz sind. Aus diesem Grund ist das Stadtbild ein ganz anderes als in Europa. Auffällig ist auch, dass die Häuser oft nicht zu Ende gebaut und nicht gestrichen sind. Für ein unfertiges Haus bezahlt man zum einen weniger Steuern und die Peruaner halten sich so zum anderen die Möglichkeit für ein weiteres Stockwerk offen.
Im Haus leben dann meist zwei oder drei Generationen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Töchter und Söhne, auch wenn sie schon arbeiten, noch bei den Eltern wohnen.
Während ich in Lima war, habe ich in einer Gastfamilie gelebt und konnte so einen tieferen Einblick bekommen. Leider konnten wir durch unsere verfrühte Rückreise keine Hausbesuche bei den Familien in Arequipa, Horacio machen, denn das ist erst für das zweite Halbjahr geplant gewesen.

Ausblick über Arequipa von unserem Küchenfenster

Geschichte
Von Arequipa und den Denkmälern der Kolonialzeit ist Cusco, die ehemalige Hauptstadt des Inkareichs, nur eine Nachtfahrt mit dem Bus entfernt. Aufgrund unserer abrupten Rückkehr nach Deutschland, konnte ich die sagenumwobene Inkastadt Machu Picchu nicht mehr besichtigen. Maren, Vera und ich besuchten aber während eines verlängerten Wochenendes im Januar Cusco und konnten dabei in die Geschichte der Inka eintauchen. Sie herrschten von 13. bis zum 16. Jahrhundert, als die Spanier nach Südamerika kamen. Ihr Reich erstreckte sich am Ende vom heutigen Ecuador bis nach Argentinien und Chile. Die Nord-Süd-Ausdehnung war also größer als die Stecke Nordkap-Sizilien. Neben dieser beeindruckenden Fläche sind die Inka für ihre Bauwerke, die man noch heute besichtigen kann, berühmt. Perfekt aufeinander passende Steinmauern und imposante Hängebrücken sind nur ein Teil ihrer Errungenschaften. Sie bildeten außerdem innerhalb kürzester Zeit ein gut organisiertes Staatswesen, ein hervorragendes Straßensystem und Siedlungen mit hunderttausenden Menschen. Um all diese zu versorgen, war auch ihr Ackerbau mit Feldern, Terrassen und Wasserkanälen sehr fortschrittlich. Und nicht zu vergessen die prachtvollen, aus Gold gefertigten Kunst- und Kultgegenstände, die nach wie vor Menschen aus aller Welt bestaunen. Es ist also nicht verwunderlich, dass ihre Herrschaft mit dem antiken Römischen Reich verglichen wird.

Wir haben ihn gefunden - den zwölfwinkligen Stein in Cusco

Landschaft und Tiere
Neben den Schätzen der Inka haben wir auch Perus Landschaft bewundert und verschiedene Wanderungen und Ausflüge gemacht. Aber seht selbst, hier sagen Bilder mehr als tausend Worte.

Angekommen auf den Rainbowmountains

Wir sind hoch gewandert, man hätte aber auch reiten können.

Vikunjas findet man neben Lamas und Alpakas häufig in freier Wildbahn. Ihre Wolle ist der teuerste der Welt.

Auch über 2000m gibt es noch so einige schöne Pflanzen zu entdecken.

Im Winter eine Salzwüste...
... im Sommer (Jan-März) ein Salzsee.

An diesem Salzsee leben u.a. Flamingos.

Unser erster Wochenendausflug im Colca Canyon

Der Colca Canyon ist 1200m tief.

Mit etwas Glück kann man die Kondore kreisen sehen.

Und so einige Pflanzen bestaunen.

Im März sind wir zum Gletscher Pastoruri gewander.

Leider schmilzt der Gletscher immer weiter.

Von Huaraz (3050m) aus sind wir in der Codillera Blanca und Negra gewandert.
 
Dabei sind wir an kleinen Bauernhöfen mit Schweinen, Eseln, Schafen, ... vorbei gekommen.

Sehr wichtig in den Bergen ist Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor.

Nach einer dreistündigen Wanderung vorbei an Bächen und Wasserfällen sind wir an der türkisen Lagune 69 angekommen.


Außerdem haben wir auf einer Bootstour duch den Dschungel Faultiere, rosa Delphine, Affen, Schmetterlinge, Schlangen, uvm. gesehen.

Dankbar
Auch wenn wir eher als geplant Peru verlassen musste, bin ich dankbar für all das, was ich dort erleben und lernen durfte. Nach wie vor beeindruckt mich die Vielfalt Perus am aller meisten. Der Pazifik, die Anden, der Regenwald. Ich muss ehrlich sagen, dass ich in Peru mit seiner Kultur und den Menschen ein zweites zu Hause gefunden habe.

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